50 Wörter für Regen

16. September 2015 · Etwa 5 Minuten Lesezeit.

Das Wetter ist ein beliebtes Gesprächsthema. Jeder kann etwas dazu sagen. Das Wetter gehört auch zu den wenigen Dingen in unserem Umfeld, zu dem jeder eine Meinung haben darf, sogar eine eigene.

Wetter, und vor allem das hannöversche, kennt kein Mittelmaß, so kommt es einem vor. Eigentlich ist es immer zu heiß oder zu kalt, zu verregnet oder zu trocken, und überhaupt ständig ganz anders als vorhergesagt. Trotz Wetter-Apps und -Widgets.

Das war früher anders, und besser, sagen Leute von früher. Wo sind die richtigen Winter, und auch Sommer? Wo sind die anderen Jahreszeiten, die dazwischen gehören? Heute gibt es ja praktisch gar keine Übergangszeit mehr. Nur noch die Jacken dafür. Die Preise für Obst und Gemüse steigen, weil wir keinen Frühling hatten, oder weil der Winter so lang war. Oder beides. Spargelpflanzen müssen beheizt und die Erdbeeren importiert werden. Von der viel zitierten Globalen Erwärmung merkt man eigentlich nichts. Kann aber auch am Global Dimming liegen. Am Wetter sind wir aber in jedem Fall selbst Schuld. Sagen die Klimaforscher. Schon seit wir sesshaft geworden sind und den Ackerbau für uns entdeckt haben. Ob damals auch das ewige Wettern gegen das Wetter begonnen hat?

Besonders hat es dem norddeutschen Nörgler ja der Regen angetan. Regen wirkt nämlich nur in Filmen gut. So atmosphärisch. Dramatisch. Erotisch, zuweilen. Es mag zwar ein Irrglaube sein, die Eskimo hätten 50 Wörter für Schnee, aber wir sollten mindestens so viele Begriffe für Regen haben, die dieses Wetterphänomen angemessen in allen seinen Variationen nach Tropfengröße, Intensität, Jahreszeit und Temperatur beschreiben. Schließlich ist Regen unser gefühlt häufigstes Wetter.

Dauerregen
Ein Tag wie ein Aquarell… (@marc2o)

Ein Regenwörterbuch

Dieses kurze Glossar zeigt doch unser sehr gestörtes Verhältnis zum Regen. Kein Hannoveraner würde einen Regentanz aufführen. Außer vor Wut. Dabei gibt es doch an und für sich gar kein schlechtes Wetter. Nur die falsche Kleidung. — Und nächstes Jahr kommen Wasserpflanzen auf die Terrasse!

B

Bindfäden regnen
ugs. Starker regen, dessen kleinere Tropfen so dicht aufeinander folgen, dass sie wie Linien wirken: »Es regnet Bindfäden.« Häufige Eigenschaft von Platzregen.

D

Dauerregen, der
n. Nicht enden wollender Regen, ganz gleichmäßig von morgens bis abends. Genau die Art Wetter, die man vor allem im Herbst gern drinnen mit heißem Tee oder heißer Schokolade und Gebäck verbringt.
dröppeln
v. Ein leichter Regen mit wenigen, aber normal großen Tropfen.

E

wie aus Eimern schütten
ugs. Wenn es wie aus Eimern schüttet oder wie aus Kübeln gießt, dann ist das ein wahrer Wolkenbruch.

G

gallern
v. So wie pladdern, nur weiter südlich von Hannover.
gießen
v. So wie gallern, aber mit kleineren Tropfen.

J

Junge Hunde regnen
ugs. Verwandt mit dem englischen it's raining cats and dogs. Wenn es eben in Strömen regnet, mit dicken, großen Tropfen. Häufig genau das Wetter, bei dem man nicht mal den Hund vor die Tür schicken würde.

K

kübeln
v. Wenn es wie aus Eimern schüttet.

N

Nass, das
n. Der poetische Ausdruck für etwas, das außerhalb von Gedichten oft nur schwer zu ertragen ist.1
nieseln
n. Auch nisseln, mieseln, fieseln und fisseln. Feiner, ziemlich gleichförmiger Regen mit sehr kleinen Wassertröpfchen. Sieht fast aus wie Nebel, ist nur viel nasser. Leichter Nieselregen bei 5 °C ist das Standardwetter in Hannover von November bis Januar.2

O

ordentlich was runterkommen
ugs. Ein sehr ergiebiger Regenguss mit großer Menge Wasser in kurzer Zeit, so wie ein Wolkenbruch.

P

pieseln
v. Feines regnen, mit kleinen Topfen, wie nieseln, nur auf Plattdütsch.
pladdern
v. Starker Regen, benannt nach der Geräuschkulisse, die er erzeugt.
plästern
v. Mit langem ä. Stürmischer Regen mit großen Tropfen, bei dem Schirme nichts nutzen.
Platzregen, der
n. Ein heftiger Schauer mit großen Tropfen und hoher Intensität, der u. U. plötzlich beginnt und nur kurz andauert. Meist ist man nass, bevor man den Schirm geöffnet hat.
prasseln
v. Eigentlich das gleiche wie pladdern, nur mit Frikativkonsonanten.

S

Schauer, der
n. Ein kurzer Regenguss, der von leicht bis heftig (siehe Platzregen) reichen kann. Besonders faszinierend sind lokale Schauer, wenn drum herum die Sonne scheint. Der Begriff des Schauers wird von Fernseh-Meteorologen vor allem im Sommer verwendet, um uns die Hoffnung auf einen schönen, sonnigen Tag nicht gänzlich zu nehmen.
Schietwetter, das
n. Regenwetter, gern auch mit stürmischem Wind, vor allem in Hamburg, aber auch im restlichen Norden Deutschlands.
schiffen
v. Starker Regen, der zu einem ungünstigen Zeitpunkt stattfindet, z. B. wenn man eigentlich in den Park wollte.
schütten
v. Starker Wolkenbruch, bei dem es wie verrückt kübelt oder eben wie aus Eimern schüttet.
sintflutartiger Regen, der
n. Ein sehr starker Schauer oder auch *Platzregen* biblischen Ausmaßes. Häufig gefolgt von voll gelaufenen Kellern und angespülten jungen Hunden.
Sommerregen, der
n. Die vielleicht erotischste Art Regenschauer, bei der man barfuß und ohne T-Shirt durch die Straße läuft3; die angenehm lauwarme Dusche von oben an einem heißen Tag, z. B. vor einem Sommergewitter.
Spargelregen, der
n. Kurze Schauer im sonst sonnig milden Frühlingswetter im April und Mai. Gern gesehen von Spargelbauern und Spargelessern, weil damit der Spargel gut wächst und nicht zu teuer wird.
Sprühregen, der
n. Allzu faktische Beschreibung von norddeutschem Schietwetter. Siehe auch Nieseln.
in Strömen regnen
ugs. Wenn es wie aus Eimern schüttet, aber die Tropfen nicht dicht genug aufeinander folgen für Bindfäden und nicht dick und groß genug sind für Junge Hunde.

W

Wolkenbruch, der
n. Wenn es schüttet wie aus Eimern und der Ausdruck Platzregen nicht stark genug ist.

Dieses Wörterbuch führe ich seit September 2015. Wahrscheinlich hat mich ein verregneter meteorologischer Herbstanfang inspiriert.

  1. Die Regenromatik kommt am ehesten auf der Innenseite der Fenster auf. 

  2. Es handelt sich um einen _gefühlten Erfahrungswert_. Also, etwas, das einem wie ein Fakt vorkommt, weil man meint es oft erlebt zu haben. 

  3. der auch ohne T-Shirt.